Mittwoch, 10. Februar 2016

Von Schlössern und Gärten

Von Schlössern und Gärten

Hallo und willkommen zurück zu Part 2 meiner Sightseeing Abenteuer! Es bleibt kulturell, dieses Mal mit ein bisschen Geschichte und ein bisschen Tradition.

Wenn der Baum rechts nicht herbstlich rot wäre,
könnte das Foto auch im Sommer entstanden sein...



Vielleicht erinnert ihr euch noch an den Sumpu-Park, in dem einst das Schloss von Shizuoka stand- wie ich schon erwähnte wird dort heute einmal jährlich der Daidogei World Cup ausgetragen. Aber auch außerhalb dieser Zeit des Jahres, besonders im Herbst und Frühjahr kann man dort mehr als nur entspannen, Sport machen und das Museum besuchen. Es gibt dort nämlich auch einen traditionellen Teegarten, genannt Momijiyama Garten. Der Name setzt sich aus den Schriftzeichen für rote Blätter und Berg zusammen und ist daher im Herbst natürlich besonders schön anzusehen. Als wir da waren, war das Laub schon prächtig rot, es war also ein toller Anblick. In der Gartenanlage gibt es verschiedene Bereiche, die für verschiedene Dinge stehen können, so zum Beispiel ein bewachsener Hügel als Symbol für den Fujiyama. Auch ein See mit Koi-Karpfen befindet sich im Garten und in einem Mini-Wäldchen gibt es sogar einen kleinen Wasserfall. Vor diesem posierten an diesem Tag zufällig auch ein frisch verheiratetes Pärchen, die traditionell japanisch gekleidet waren, was natürlich noch mehr zur Atmosphäre betrug (aus Respekt aber kein Foto von den beiden- trotzdem Glückwünsche!).
Es gibt im Garten außerdem zwei Teehäuser. Ein klassisches, formelles mit Tatami in dem die komplette Teezeremonie durchgeführt wird und ein kleines, eher westliches, in dem eine kurze Zeremonie stattfindet. Das traditionelle Teehaus konnten wir leider nicht besichtigen, weil an diesem
Tag gerade eine Zeremonie stattfand, aber immerhin das modernere konnten wir uns ansehen. Dort bekamen wir den dünnflüssigen Tee, Usucha und eine kleine Süßigkeit mit Bohnenpaste serviert. Die Süßigkeiten waren entweder in Form einer Kamelia oder einer Yuzu-Frucht modelliert und eigentlich viel zu schön zum Essen. Man isst sie zuerst (die Süße soll die Bitterkeit des Tees sozusagen lindern), indem man sie mit einem kleinen Holzmesser teilt. Die Teeschale dreht man drei mal und begutachtet sie, bevor man den Tee trinkt. Beim letzten Zug schlürft man, um zu signalisieren dass man zu Ende getrunken hat. Man dreht die Schale zurück und stellt sie wieder ab. Danach wurde uns noch eine weitere Teesorte in einer kleineren Schale serviert, allerdings weiß ich nicht mehr, was das war. Schmeckte auf jeden Fall nicht schlecht.
Normalerweise wäscht man sich übrigens auch Hände und Mund bevor man das Teehaus betritt- genau wie am Tempel. Da merkt man schon, dass Tee in Japan etwas sehr spirituelles, fast schon religiöses ist. Es liegt wohl am geschichtlichen Hintergrund, denn die Teezeremonie entstand in kriegerischen Zeiten, wo jede Begegnung die letzte sein konnte. Man nutzte also diese Zeit der Ruhe so gut man konnte, um die Zeit die man noch hatte zu genießen.

Kann man zum Waschen benutzen... ist aber auch als Deko sehr schön.
Historisch ist eine gute Überleitung. Wir bleiben in der Präfektur Shizuoka, aber dieses Mal geht es in
eine andere Stadt, nähmlich das mit dem Zug etwas 45 Minuten entfernte Kakegawa. Zu Fuß geht es ein Stück in die Innenstadt, wo sich das Schloss befindet. Anders als das Schloss in Shizuoka wurde dieses historische Gebäude in den 90ern restauriert. Das daneben gelegene Herrenhaus des Daimyo dagegen soll wohl von Zerstörung verschont geblieben sein.
Das Schloss liegt auf einem Hügel, an dessen Fuße ein kleiner moderner Garten liegt. Den Hügel besteigt man via Steintreppen- die ähnlich hoch und krumm wie die am Kunozan Toshogu sind. Oben angekommen erwartet einen vor dem Schloss eine kleine Wand, durch die man seinen Kopf stecken und Fotos als Samurai und Prinzessin machen kann- diese Fotowände scheinen in Japan irre beliebt zu sein, ich habe sie schon an vielen Orten gesehen. Im Schloss selber sind einige Gegenstände wie Waffen und Rüstungen aus der Zeit ausgestellt.
Wenn man ganz nach oben steigt, erreicht man einen Raum mit vier Fenstern, in jede Richtung eines. Man hat von dort aus sozusagen eine Rundumsicht auf Kakegawa. Dort war auch jemand vom Personal, der uns teils auf Japanisch, teils auf Englisch ein paar historische Fakten zum Schloss und der Stadt erzählt hat.
Wenn man an der Seite des Schlosses heruntergeht, kommt man zu einem Kunstmuseum, das überwiegend moderne Werke enthält, sowie dem Ni no Maru Goten, dem Herrenhaus des Daimyo. Neben einem Souvenirshop der z.B. Stäbchen in Form von Samuraischwertern verkauft, gibt es hier auch allerhand Ausstellungsstücke, wie Hochzeitskimonos, Taiko-Trommeln oder alte Wappen der Herrscher. Es gibt auch eine Vitrine in der modellhalft ein Zug in die Hauptstadt dargestellt wurde- in der Edo-Zeit war es üblich, dass jeder Regionalherrscher regelmäßig nach Edo (Tokyo) reisen musste, wo auch seine Frau und seine Kinder lebten. Wie häufig das war hing natürlich von der Entfernung ab. Man zog also mit Mann und Maus nach Edo, was Tage oder Wochen in Anspruch nahm und kehrte dann wieder zurück. Natürlich musste das ganze entsprechend zelebriert werden... kurzum, es war wahrscheinlich absolut nervig.
Auch ausgestellt waren Waffen und Fotos, sowie Autogramme von Schauspielern- den das Gebäude wird von Zeit zu Zeit als Set für historische Filme genutzt. Bisher habe ich noch keinen davon gesehen, aber mit solchen Filmen habe ich mich zugegeben auch noch nicht befasst.
Was wir dort leider nicht erlebt haben, war der Ninja-Tag. Dieser findet einmal im Monat (am 3., wenn ich mich recht entsinne) statt. Es bedeutet in erster Linie natürlich dass dort Leute in Ninja-Kostümen herumlaufen, aber es scheint wohl auch ein bisschen Rahmen-Programm zu geben. Vielleicht schaffe ich es ja nochmal, das zu erleben. Denn ich hätte das schon gern gesehen.

Die Stadt Kakegawa an sich war weniger aufregend, denn es war an diesem Tag absolut nichts los. Ich habe gehört, man soll dort gut einkaufen können, aber dafür war natürlich keine Zeit. Was aber interessant anzusehen war, waren die Schaukästen mit kleinen Kunstwerken, die überall an der Straße aufgestellt waren. Was es damit auf sich hatte konnte uns unser Lehrer auch nicht sagen, aber als sie abends beleuchtet waren, war es definitiv ein schöner Anblick.
Und dann war da noch etwas, was mich doch sehr an Deutschland erinnert hat. Während wir eine Statue am Bahnhof betrachteten, spielte die nahestende Uhr plötzlich Musik. Aus einer Klappe oben kam eine kleine Figur gefahren, die für einige Minuten zur Musik tanzte. Bevor die meisten von uns das Spektakel mitbekamen, war es aber auch schon wieder vorbei. Lustig war es aber trotzdem, weil ich damit in Japan so überhaupt nicht gerechnet hatte. Aber die Japaner stehen auf europäische Kultur und das war vermutlich ein Ausdruck genau dessen.

 
Tanz, mein Männchen, tanz!
Das war übrigens die letzte Exkursion, die wir mit dem Kulturkurs gemacht haben. In den verbleibenden Stunden haben wir Kalligraphie geübt und Präsentationen gehalten. Jeder konnte sich einen eigenen Aspekt der japanischen Kultur aussuchen, über die er berichten wollte- für mich waren das natürlich japanische Action-Filme und -Serien wie Godzilla, Kamen Rider und Co. Um die geht es dann auch im nächsten Eintrag wieder ein bisschen und ich werde auch über die Weihnachts- und Neujahrszeit berichten, als das Heimweh am schlimmsten war.
Bis dahin für's Erste:
Mata ne!

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